Johannes Brahms
* 7. Mai 1833
† 3. April 1897
Trio Nr.1, H-Dur, op.8 (Fassung 1854)
| Komponiert: | Hannover, beendet am 31. Jänner 1854 | 
| Uraufführung: | Gdansk (Danzig), Gewerbehaussaal, 13. Oktober 1855 Hr. Haupt, Klavier Hr. Braun, Violine Hr. Klahr, Violoncello | 
| Erstausgabe: | Breitkopf & Härtel, Leipzig, November 1854 | 
In  Brahms´ Nachlaß hat sich ein Konzertprogramm aus den Hamburger  Jugendtagen des Meisters erhalten, das eine eigentümliche Besonderheit  aufweist: Zur Silberhochzeit des Klavierfabrikanten Schröder wurde am 5.  Juli 1851 in einem Privatkonzert unter anderem ein Trio des in keinem  Lexikon verzeichneten Komponisten „Karl Würth“ vorgetragen; neben dem  Pianisten Johannes Brahms wirkten die Herren Gade (nicht Niels Wilhelm,  sondern sein Hamburger Namensvetter und Jahrgangskollege Johann Gade,  1817-1898) und d´Arien an dieser Aufführung mit. Brahms hat auf diesem  Programmzettel seinen eigenen und den angeblichen Namen des Komponisten  mit einer Bleistiftmarkierung verbunden – der früheste uns erhaltene  Hinweis auf eine Brahmssche Klaviertriokomposition. Trotzdem darf man  bezweifeln, daß es sich hier um sein erstes Trio gehandelt hat; und ganz  sicher wissen wir, daß Brahms auch in den Jahren zwischen dieser ersten  dokumentierten Trioauffführung und dem Erscheinen des H-Dur-Trios in  Klaviertrios geschwärmt hat. Eines dieser Werke ist uns wenigstens dem  Namen nach bekannt: Es ist jene Phantasie in d-moll (Largo und Allegro),  die der Komponist am Nachmittag des 4. Oktober 1853 im Hause Schumann  spielte, wo sie die Nachbarschaft des Schumannschen Opus 110 aushalten  mußte. Schumanns Anerbieten, die Triophantasie zusammen mit einer Reihe  weiterer Werke bei Breitkopf & Härtel zum Druck zu empfehlen, bringt  den Autor in einige Verlegenheit, in der er sich ratsuchend an Joseph  Joachim wendet:
 
 „Lieber Joseph! 
 Dr. Schumann betreibt meine Sachen bei Breitkopf & Härtel so  ernstlich und so dringend, daß mir schwindlich wird. Er meint, ich müsse  in sechs Tagen die ersten Werke hinschicken.
 Der Mannigfaltichkeit wegen schlägt er mir folgendes Programm vor:
 op.1. Phantasie in d moll für Piano, Violine und Cello (Largo und Allegro)
 op.2. Lieder
 op.3. Scherzo in es moll
 op.4. Sonate in C dur
 op.5. Sonate in a moll für Piano und Geige
 op.6. Gesänge
 Schreibe mir doch deutlich Deine Herzensmeinung darüber. Ich weiß mich  gar nicht zu fassen. Ob das Trio (Du erinnerst es wohl) der  Veröffentlichung wert ist? Erst op.4 ist ganz nach meinem Geschmack.  Aber freilich meint Schumann, man müsse mit den schwächeren Werken  anfangen. Da hat er recht, entweder damit anfangen, oder sie ganz  fortlassen und streben, hernach nicht zu fallen.
 Die fis moll [Sonate] und das Quartett in h, meint der Dr., könnte jedem Werk nachfolgen.
 Wenn das Trio abgeschrieben ist, möchte ich es Dir wohl hinschicken; daß  ich einige Schwächen geheilt habe, versteht sich von selbst…“
 (Düsseldorf, 17. Oktober 1853)
 
 Dieser Brief ist ein bemerkenswertes und aufschlußreiches Dokument: Er  bewahrt nicht nur die (uns Kinder einer weniger verschwenderischen Zeit  wehmütig stimmende) Spur einiger offenbar durchaus präsentabler  Jugendwerke des Meisters – neben der Trio-Phantasie einer frühen  Geigensonate und eines Streichquartetts –, er beweist auch, daß schon  der Zwanzigjährige über ein erstaunliches Maß an Selbstkritik und  Unabhängigkeit des Urteils verfügte. Denn wie wir wissen, ist Brahms dem  Schumannschen Publikationsplan ja keineswegs gefolgt: Nicht nur hat er  die (offenbar auch von Schumann zunächst als das vergleichsweise  unreifste Werk beurteilte) Phantasie völlig fallengelassen, er hat auch  von Schumann besonders hochbewertete Werke (Geigensonate,  Streichquartett) ungedruckt gelassen. Und das „Streben, hernach nicht zu  fallen“ könnte überhaupt als Motto über dem Brahmsschen Gesamtwerk  stehen, das – was die Klarheit und Strenge des in ihm verwirklichten  Wertmaßstabes anlangt – in der uns bekannten Musikgeschichte  seinesgleichen nicht hat.
 
 In einem Gespräch mit seinem späteren Biographen Max Kalbeck hat Brahms  1885 diese rigorose Selbstkritik humorvoll verniedlichend als „Respekt  vor der Druckerschwärze“ apostrophiert und auf Kalbecks Frage nach den  unschuldigen Opfern dieser Strenge gesagt:
 „Das Zeug ist alles verbrannt worden. Die Kisten mit den alten  Skripturen standen lange in Hamburg. Als ich vor zwei oder drei Jahren  dort war, ging ich auf den Boden – die ganze Kammer war aufs schönste  mit meinen Noten tapeziert, sogar die Decke. Ich brauchte mich nur auf  den Rücken zu legen, um meine Sonaten und Quartette zu bewundern. Es  machte sich sehr gut. Da hab´ ich alles heruntergerissen – besser, ich  tu´s, als andere! – und auch das übrige mitverbrannt…“
 Dieses Autodafé hat wohl Anfang April 1883, kurz vor Brahms´ fünfzigstem  Geburtstag stattgefunden. Ob neben den schon erwähnten  Triokompositionen auch das in einem Bonner Nachlaß in Kopie aufgefundene  und 1925 als anonyme Komposition „uraufgeführte“ A-Dur-Trio unter diese  von Brahms verworfenen Werke zu zählen ist, wie seine Herausgeber  (Ernst Bücken und Karl Hasse, 1938) meinten, wird wohl nie mehr  eindeutig zu klären sein. Die der Ausgabe zugrundeliegende Abschrift ist  in den Kriegswirren verloren gegangen, und so leidenschaftlich das Pro  und Contra von Brahms´ Autorschaft in der einschlägigen Diskussion  seither auch verfochten wird, muß man doch zugeben, daß die Argumente  beider Seiten einander ziemlich die Waage halten. Sollte dieses Trio  aber doch ein Brahmssches Jugendwerk sein, so wäre  es zeitlich wohl  zwischen dem Hamburger Trio und der verworfenen Phantasie einzureihen.
 
 Von Hannover aus, wohin sich Brahms im Gefolge seines Freundes Joseph  Joachim am 3. November 1853 nach den an Eindrücken und Erschütterungen  so überreichen Wochen bei Robert und Clara Schumanns in Düsseldorf  zurückgezogen hat, bekräftigt der junge Komponist in seinem  Dankesschreiben an Robert Schumann (vom 16. November) den inzwischen  gereiften Entschluß: „Ich denke keines meiner Trios herauszugeben.“ Es  ist sehr leicht möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß zu dieser Zeit der  Plan zu einem neuen Klaviertrio schon herangereift ist. Doch die Zeit  zur Niederschrift der andrängenden Ideen ist noch nicht gekommen. Den  Großteil der vorweihnachtlichen Zeit muß Brahms in Leipzig verbringen,  wo er die Verhandlungen mit seinen Verlegern zum Abschluß bringt und  sich der durch Schumanns Artikel neugierig gemachten Leipziger  Öffentlichkeit als Komponist und Pianist vorstellt. Viele der für des  Komponisten weiteres Leben wichtigen Freundschaften und Beziehungen  gehen auf diese ersten Leipziger Tage zurück. Die Festtage verbringt  Brahms dann in gehobener Stimmung im Kreis seiner Familie in Hamburg:  Er, der vor acht Monaten nicht viel anders als ein fahrender  Handwerksbursche von zuhause aufgebrochen ist, kehrt als strahlender  Sieger mit seinen ersten gedruckten Kompositionen und begleitet von der  erwartungsvollen Neugier der großen musikalischen Welt zurück.
 Doch das Werk drängt ans Licht. Schon am 3. Jänner 1854 ist Brahms  wieder in Hannover. Er hat sich ein Domizil gemietet, das – auch wenn es  kein Spitzwegsches Dachstübchen ist – einem Kreisler junior recht gut  als musikalisch-poetisches Laboratorium dienen kann. Max Kalbeck  beschreibt das Haus in einer Weise, die einen heutigen Hannoverbesucher  recht wehmütig stimmen könnte:
 „Vor dem Egidientore standen, zwischen Obstgärten und Äckern verloren,  einzelne Häuser, die einmal für die Günstlinge oder Favoritinnen des  Fürstenhauses und -hofes gebaut worden waren. Das einstöckige, vier  Fenster breite Häuschen am Papenstieg Nr.4 versteckte sich förmlich  hinter den Zweigen der alten Apfel- und Nußbäume, so daß man es von der  Stadt aus kaum sah. Ein eigener Schleichweg führt auch heute [1903] noch  vom Papenstieg aus zu der ehemaligen Solitude, und die beiden Säulen  mit ägyptischen Lotoskapitälen, die den Haupteingang noch immer  schmücken, Träger eines lebensgefährlichen Miniaturbalkons und gleich  diesem selbst aus Holz gearbeitet, verraten, seitdem Stuck und Kalk von  ihnen abfielen, wie billig die Tempel waren, welche von vornehmen Herren  der empfindsamen Restaurationszeit einer Mondgöttin oder Priesterin der  Isis gestiftet wurden.“
 
 Dieses Bild mag einen daran erinnern, daß die Bamberger Erstausgabe der  Hoffmannschen Kreisleriana, Brahms´ Lieblingsbuch, ein Vorwort von Jean  Paul begleitet hat… 
 In dieser idyllischen Umgebung muß in den folgenden Wochen der Großteil  des neuen Klaviertrios zu Papier gebracht worden sein. Am 19. Jänner  treffen Clara und Robert Schumann in Hannover ein. Clara findet den  Freund merkwürdig verändert:
 „Brahms fällt uns durch seine Schweigsamkeit auf. Er spricht fast gar  nicht, oder tut er es zuweilen, so geschieht es so leise, daß ich es  nicht verstehen kann. Er hat gewiß seine geheime innere Welt – er nimmt  alles Schöne in sich auf und zehrt nun innerlich davon.“
 (Tagebuch, 21.(?) Jänner 1854)
 
 Trotz der Turbulenzen rund um Claras Konkurrentin Wilhelmine Clauß  (Robert: „ein kleiner Anmuthteufel“) verbringen die Freunde angeregte  und musikerfüllte Tage miteinander. Am 30. Jänner treten die Schumanns  dann die Heimreise an. Robert Schumann und Johannes Brahms ziehen sich  wieder in ihre geheime innere Welt zurück – dieser zur Vollendung seines  Klaviertrios, jener um nicht wieder zurückzukommen. 
 
 Clara hatte recht: Alles Schöne, aber auch alles Erschütternde, was  Brahms in den wenigen Monaten seit seinem Aufbruch aus Hamburg zu  erleben beschieden war, war ihm innerliche Zehrung – und alles findet  seinen Widerhall in diesem staunenswerten Opus 8. Brahms verweigert dem  Werk zwar – anders als seine tschechischen Nachfolger Smetana und  Janacek – einen verräterischen Titel, aber auch ohne solche äußere  Hinweise ist hier alles beredt. Um in diesem Tagebuch lesen zu können,  hätte es nicht einmal der vielsagenden musikalischen Zitate bedurft;  aber es erstaunt uns nicht, daß auch diese der späteren Umarbeitung, die  ja im Konzertbetrieb seit langem die heute gespielte Urfassung  verdrängt hat, zum Opfer fallen mußten. Denn der Komponist von 1889 war  schon lange nicht mehr jener „Johannes Kreisler jr.“, als welcher der  Brahms von 1854 firmierte. Gerade deshalb wird ja der unvergängliche  Eigenwert der ursprünglichen Fassung durch die „Ausgabe letzter Hand“  (die doch im eigentlichsten Sinne eine Neukomposition unter Verwendung  alter Materialien ist) durchaus nicht berührt; und die gängige Praxis,  die das Frühwerk nur als Curiosum gelten lassen will, ist sehr im  Irrtum.
 
 Zwar meinte E.T. A. Hoffmanns Johannes Kreisler:
 „Die Musik schließt dem Menschen ein unbekanntes Reich auf, eine Welt,  die nichts gemein hat mit der äußern Sinnenwelt, die ihn umgibt und in  der er alle bestimmten Gefühle zurückläßt, um sich einer  unaussprechlichen Sehnsucht hinzugeben.
 Habt ihr dies eigentümliche Wesen auch wohl nur geahnt, ihr armen  Instrumentalkomponisten, die ihr euch mühsam abquälet, bestimmte  Empfindungen, ja sogar Begebenheiten darzustellen?“
 – und sicher hätte unser Kreisler jr. (wie er ja auch später in seiner  Haltung gegenüber der Programmusik der Neudeutschen Schule bewiesen hat)  ganz ähnlich argumentiert; aber so wie Hoffmanns Kreisler schon einige  Zeilen weiter von grünen Hainen, lachenden Kindern und dem Glanz des  Abendrots schreibt, die ihm die Haydnschen Symphonien vor Augen führen,  ebenso hätte auch Brahms sicher nicht geleugnet, daß Musik – selbst  dort, wo sie sich nicht einfach in ein illustratives Verhältnis zu einem  konkreten „Programm“ begibt – befähigt und sogar berufen ist, Eindrücke  der äußern Sinnenwelt samt den von diesen ausgelösten bestimmten  Gefühlen in uns wachzurufen. Vielleicht würde Brahms, trotz seiner  schwärmerischen Verehrung für E. T. A. Hoffmann, letztlich doch Felix  Mendelssohn zugestimmt haben, der einmal sagte, die von der Musik  vermittelten Gefühle seien nicht zu vage, sondern, im Gegenteil, zu  bestimmt, um in Worte gefaßt werden zu können?
 
 Doch eben deshalb halte ich den Versuch, das musikalische Tagebuch, als  welches sich das H-Dur-Trio leicht zu erkennen gibt, mit der Geschichte  des Brahmsschen Wanderjahres illustrieren zu wollen, für ein  problematisches und letzlich auch müßiges Unterfangen. Nichts in diesem  Werk braucht und nur weniges duldet eine Erklärung. Auf diese wenigen  Details will ich mich hier beschränken. 
 
 Im ersten Satz (Allegro con moto) wird auch einen mit der Spätfassung  des Werkes nicht vertrauten Hörer der offene Widerspruch zwischen dem  verschwenderisch blühenden Hauptthema und dem asketischen Seitenthema  frappieren: Dem flächig-akkordischen Satz des ersten steht die karge  Einstimmigkeit des zweiten unvermittelt gegenüber. Trotz des leicht  nachvollziehbaren motivischen Zusammenhanges zwischen den beiden Themen  ist es völlig unmöglich, diesen Bruch zu überhören. Erst im Laufe der  weiteren Entwicklung des Seitenthemas wird es zögernd kontrapunktisch  bereichert, verharrt aber in seiner lugubren Linearität. Eine  überraschende Mediantrückung bringt schließlich einen unverhofften  Stimmungswechsel, mit dem der zweite Teil des Seitensatzes sich  lichteren und freundlicheren Regionen zuwendet. Der klagend-fallende  Duktus der Gis-moll-Episode weicht in diesem E-Dur-Abschnitt („dolce,  poco scherzando“) einer kindlich-vertrauensvollen Stimmung, die durch  steigende Wendungen geprägt ist. Trotzdem bleibt auch hier das  instrumentale Gewand betont schlicht. Vor allem die auffällige  Sparsamkeit des über weite Strecken einhändig ausführbaren und bis gegen  Ende des Maggioreteiles auf die tieferen Register beschränkten  Klaviersatzes bewirkt, daß über den Charakter- und Tonartenwechsel  hinweg die Einheit des Seitensatzes gewahrt bleibt. 
 Dieser bemerkenswerte Zug, zu dem es im erhaltenen Frühwerk Brahms´  keine Parallele gibt, ruft mir eine sehr einprägsamen Passage in den  Hoffmannschen Kreisleriana in Erinnerung. Das im vierten Band der  Fantasiestücke in Callots Manier enthaltene Kreislerianum Kreislers  musikalisch-poetischer Clubb berichtet von der ungeschickten Neugier  eines der um das Klavier versammelten Freunde des exzentrischen  Musikers:
 „…damit steckte er ausdrücklich das Licht an, welches sich auf dem  breiten Schreibeleuchter befand, und forschte, ihn über die Saiten  haltend, sehr bedächtig nach dem invaliden Hammer. Da fiel aber die  schwere, auf dem Leuchter liegende Lichtschere herab, und, im grellen  Ton aufrauschend, sprangen zwölf bis fünfzehn Saiten.“
 Die anschließende Diskussion der Freunde, die sich um den erhofften  musikalischen Genuß gebracht sehen, beendet Kreisler selbst mit den  Worten:
 „Und ich will doch phantasieren… im Baß ist alles ganz geblieben, und das soll mir genug sein.“
 Gleich zu Beginn der nun folgenden Phantasie, die der verrückte  Kapellmeister mit schwärmerischen Deklamationen begleitet, erscheint die  Akkordfolge as-moll (was enharmonisch dem Brahmsschen gis-moll  entspricht) – E-Dur. Die erste Harmonie läßt Kreisler von Sehnsucht und  Schmerz sprechen, während ihn die zweite zu dem Ausruf hinreißt:
 „Frisch auf, mein wackrer Geist! – rege und hebe dich empor in dem Element, das dich gebar, das deine Heimat ist!“
 
 Trotz der erkennbaren Berührungspunkte zwischen dem Hoffmannschen Text  und der Brahmsschen Musik (Tonartenfolge, Charakter, Aussparung des  Klavierdiskants), muß man wohl nicht betonen, daß Brahms – auch wenn  meine Assoziation nicht ganz unbegründet sein sollte – keinesfalls eine  musikalische Textillustration angestrebt haben kann; denn jenseits der  aufgezeigten Entsprechungen gibt es rein gar nichts, was die Vermutung  zuließe, wir wären hier auf der Spur eines „Programms“. So wenig  Hoffmann seine dichterische Phantasie befähigte, in Tönen ähnliche  Wirkungen hervorzubringen wie in Worten, so wenig bedurfte Brahms der  Krücke eines dramaturgischen Leitfadens, um seine musikalischen Ideen zu  entwickeln. Dennoch wäre es denkbar, daß wir es an dieser Stelle – in  Analogie zu den später ebenfalls ausgemerzten musikalischen Zitaten der  letzten beiden Sätze – ganz einfach mit einer (dem engsten Kreis der  Freunde vielleicht verständlichen) literarischen Anspielung zu tun  haben, die der strengeren und gereifteren Ästhetik des Meisters  entbehrlich erscheinen mußte.
 Da das im Seitensatz aufgestellte Themenmaterial den weiteren Verlauf  des Satzes diktiert, zog seine Eliminierung 1889 die Neukomposition des  Satzganzen nach sich. Vielleicht ist die noch immer Erstaunen auslösende  Radikalität der Neufassung des ganzen Werkes eine mittelbare Folge  dieser ersten Entscheidung. 
 
 Wenn man nach den Abenteuern der Durchführung, in denen die Motive des  Seitenthemas in Gebiete vordringen, die einige Jahrzehnte später zum  Reich Gustav Mahlers gehören werden, wieder das gesicherte Terrain der  Reprise erreicht glaubt, findet man sich unversehens inmitten eines  veritablen Fugatos wieder, das auf eigenwillige und selbstherrliche Art  die Stelle des Seitensatzes vertritt. Diese „Fughette“ erregte schon bei  den ersten Kritikern des Werkes Anstoß, und auch eineinhalb  Jahrhunderte später dürfen sich die Interpreten an dieser Stelle an der  befremdeten Ratlosigkeit des Publikums ergötzen. Beim Durchdringen  dieses polyphonen Engpasses kann man heute noch auf vielen Gesichtern  Reaktionen lesen, die Hoffmann in Kreislers ironischem Lamento über die  „wahnsinnigen“ Komponisten aufs Korn genommen hat:
 „Die ganz unnützen Spielereien des Kontrapunkts, die den Zuhörer gar  nicht aufheitern und so den eigentlichen Zweck der Musik ganz verfehlen,  nennen sie schauerlich geheimnisvolle Kombinationen und sind imstande,  sie mit wunderlich verschlungenen Moosen, Kräutern und Blumen zu  vergleichen.“
 (E. T. A. Hoffmann, Gedanken über den hohen Wert der Musik)
 
 Am Scherzo (Allegro molto, h-moll) kann man sich noch einmal davon  überzeugen, daß die für diesen Satztyp charakteristischen Züge dem  Empfinden der Romantik – und Brahms ist in diesem Stadium eindeutig ein  romantischer Jüngling – besonders entgegenkommen. Eine sprunghafte  Phantasie, die sich in überraschenden Stimmungswechseln ausdrückt,   burlesker Übermut, spukhafter Zauber, der in geheimnisvoll nächtlichen  Farben geschildert wird – all das ist für die romantische Kunst ganz  allgemein typisch, und all das läßt sich in der von großräumigen  Gestaltungszwängen vergleichsweise unbelasteten Syntax des Scherzos  besonders treffend gestalten. Obwohl Brahms auch in den Scherzi von  Anfang an seinen eigenen, unverwechselbaren Ton findet, ist es daher  wohl kein Zufall, daß sich gerade in diesen Stücken besonders deutliche  Berührungspunkte mit der Musik der vorbrahmsichen Generation ergeben.  (Der Mendelssohn-Anklang im Scherzo der Klaviersonate op.5 und das  Chopin-Echo im Es-moll-Scherzo op.4 sind besonders bekannte Beispiele  dafür.)
 Bezeichnenderweise ist das Scherzo des H-Dur-Trios der einzige Satz, den  der Meister 1889 so gut wie unangetastet ließ; er hat sich hier bei der  Letztfassung mit kleinen (vor allem Instrumentation und Satz  betreffenden) Retouchen und einer neuen Coda begnügt. 
 Schon unter Brahms´ frühesten erhaltenen Werken findet sich ein  H-moll-Scherzo, das eine ganze Reihe auffälliger Gemeinsamkeiten mit dem  vorliegenden Satz aufweist: Das Scherzo der Klaviersonate fis-moll op.2  (Hamburg, November 1852) trägt nicht nur eine völlig idente  Spielanweisung (staccato e leggiero), es zeichnet sich auch durch die  gleichen schroffen dynamischen Kontraste (piano – fortissimo), durch  analoge motivische Keimzellen (Hauptteil: Aufstieg von der Tonika zur  Terz mit anschließender Wendung zum Leitton; Trio: Umkreisen des  Terztones) und durch etliche Texturparallelen (nachschlagende Bässe im  Trio etc.) aus. Diese Analogien vermindern freilich in keiner Weise die  Eigenständigkeit der beiden Werke: man könnte in ihnen prächtig  charakterisierte Portraits eines sehr ungleichen Geschwisterpaares  sehen.
 
 Das folgende Adagio non troppo (H-Dur) ist trotz seiner  rhapsodisch-improvisatorischen Form von zwingender Stimmigkeit.  Natürlich fällt es uns – aus der vollständigeren Kenntnis der  kompositorischen Entwicklung des Meisters – heute leichter, die innere  Logik des Ablaufes nachzuvollziehen. Sogar den ergebenen „Brahminen“  unter den Kritikern bereitete dieser Satz seinerzeit aber einiges  Kopfzerbrechen: Adolf Schubring vermißte 1862 die „rechte Einheit“, und  Eduard Hanslick stieß sich noch 1870 an den „gesuchten Seltsamkeiten“  des Adagios. Freilich muß nach dem vergleichsweise „traditionell“  gebauten Scherzo der langsame Satz als eine Sphinx erscheinen. „Ists  nicht eigentümlich, daß man vom Komponisten in allem Originalität  fordert und daß man sie ihm in der Form verbietet?“ wird Busoni zehn  Jahre nach Brahms´ Tod fragen. 
 Die erwartete Dreiteiligkeit (zu der sich die Spätfassung bekennen wird)  erscheint hier in verfremdender Brechung: Als Mittelteil erscheint das  kaum verhüllte Zitat eines Schubert-Liedes (Am Meer, D 957 Nr.12), das  gleich zum Ausgangspunkt einer frei assoziativen Entwicklung wird.  Unerwartet rasch mündet diese aber wieder in die Reprise des  Hauptteiles. Hier verwundert schon im zweiten Takt eine gewissermaßen  schlafwandlerische Rückführung, mit der der subdominantische Beginn in  die Tonika zurückfindet. (Die selbstvergessene Irrationalität dieser  Wendung verleitet bis heute manchen gewissenhaften Pianisten zu einer  wohlgemeinten, aber verheerenden  „Korrektur“…) Die improvisierenden  Melismen, mit denen das Klavier den Streichersatz von hier an untermalt,  sind frische Triebe eines Baumes, der in Beethovens letzten  Klaviersonaten gepflanzt wurde. Spätestens mit den beiden – einander  aufhebenden – kühnen Ganztonrückungen, die den weiteren Verlauf in ein  fremdes Licht tauchen, wird klar, daß wir es hier nicht mit einer  „Reprise“, sondern mit einem Traumbild, einer verklärenden Erinnerung zu  tun haben. Und weil Traum und Delirium benachbarte Reiche sind, macht  es Brahms keine Mühe, uns von diesem in jenes zu führen: Das Allegro  (doppio movimento), das parenthetisch in die geträumte Reprise einbricht  und das Schubring in seiner Besprechung einen zweiten „Mittelsatz“  nennt, ist nämlich nichts anderes als eine Fiebervision, in der sich ein  Fragment des Hauptthemas ekstatisch verselbständigt und in einem  heimatlosen Motivsplitter aus dem ersten Satz sein „surreales“  Spiegelbild findet. (Für Analytiker: Aus dem Geigenthema der Takte 5-6  wird eine Folge von vier Tönen gelöst und anschließend zu einem  Dreitonmotiv verkürzt, dessen diastematische Kontur dem ebenfalls  dreitönigen Geigenmotiv aus Takt 202ff. des ersten Satzes entspricht –  die geringfügig veränderte Krebsumkehrung dieses Motivs dient dann als  „Spiegelbild“.) Dieses assoziative Spiel mit kleinräumigen, ostinat  wiederholten Motivzellen werden wir später bei Janacek und seinen  Nachfolgern wiederfinden. Faszinierend an diesem Vorgang ist nun aber  weder die kombinatorische Logik (auf die sich Schönberg und seine Jünger  berufen werden, die aber zum Glück nur im Verborgenen wirkt), noch auch  die inhärente musikgeschichtliche Prophetie, sondern die sich hier  eröffnende Perspektive: In diesem Fiebertraum offenbaren sich die bis  dahin verborgenen Beziehungen zwischen allen Figuren und Motiven des  Satzes, gerade hier gewinnt das Ganze die von Schubring vermißte „rechte  Einheit“, und zwar völlig unabhängig davon, ob diese Einheit unbewußt  erlebt oder bewußt entdeckt wird. 
 Das Ende der Vision klingt an den Abschluß der Schubert-Episode an und  faßt damit noch einmal die zunächst heterogen erscheinenden Elemente des  Satzes zusammen; erst dann wird die „Reprise“ zu Ende geführt. Das  Satzganze folgt also trotz seiner grundlegend anderen Form ähnlichen  Prinzipien wie der Kopfsatz: So wie sich dort der Fugato-Abschnitt in  plötzlich gezügeltem Tempo mitten in die Reprise geschoben hatte, so  unterbricht hier der beschleunigte Puls des Deliriums die entrückte  Erinnerung an das Hauptthema. In beiden Fällen wird die erwartete Form  an anloger Stelle durchbrochen und die Abweichung agogisch betont – und  beide Stellen zogen von Anfang an Kritik auf sich. Daß Brahms in der  Neukomposition auch diese beiden Steine des Anstoßes aus dem Weg geräumt  hat, sollte uns freilich nicht zu der Annahme verleiten, sein Ziel sei  der Widerruf aller jugendlichen Experimente gewesen. Der Hörer der IV.  Symphonie und der späten Kammermusik- und Klavierwerke wird nie im  Zweifel gelassen, daß Brahms in seinem Alter nichts an Kühnheit  eingebüßt hat. Daß Anspruch und Ästhetik des Spätwerkes mit dem  romantischen Wagemut der ersten Werke in Konflikt geraten, macht aus  Brahms noch lange keinen reaktionären Traditionalisten, wie das die  neudeutsche (und „neufranzösische“) Musikkritik gerne darstellten.
 
 Das Finale (Allegro molto agitato) ist von jener bestürzenden  Eindringlichkeit und entwaffnenden Offenheit, wie sie wohl nur ein  Jugendwerk haben kann. Das atemlos insistierende Hauptthema strandet  dreimal an einer schicksalshaft verneinenden Geste, mit der es  schließlich einen todesmutigen Kampf aufnimmt. Am Höhepunkt dieser  Auseinandersetzung tritt verwegen ein Viertonmotiv auf, das in  erbitterter Engführung das bis dahin stabile metrische Gefüge  zertrümmert. Wie Brahms den barbarischen Ansturm dieses Motivs  besänftigt und es zur zärtlichen Begleitung des nun eintretenden  schwärmerischen Seitenthemas zähmt, gehört zu jener Art von Wundern, die  einen das Schumannsche Wort vom „Zauberstab“ des jungen Komponisten  begreifen lassen. (Das Motiv ist übrigens nichts anderes als der um  einen Ton erweiterte Motivsplitter, der uns schon im vorigen Satz als  ein Revenant aus dem ersten begegnet ist.) Über das Seitenthema selbst,  dem wie Goethes Mignon schon immer die anbetende Liebe des Publikums  sicher war, wurde schon allzuviel gesprochen und geschrieben – und das  bekommt der Liebe nicht immer gut. Nun ja, der Kern dieses berückenden  Themas ist ein Zitat: Beethoven hat mit eben dieser Wendung seiner  Fernen Geliebten „Nimm´ sie hin denn, diese Lieder!“ zugerufen. Aber –  und das wird in der Diskussion um den tieferen Sinn dieses Zitates gerne  unterschlagen – Brahms´ Quelle ist nicht Beethoven, sondern Robert  Schumann: dort ist dieses Motiv nämlich ein immer wiederkehrendes,  verborgen-offenes Zeichen der Liebe zu Clara. Daß Brahms aber, wie man  auch ohne spekulative Aufdringlichkeit glauben darf, seiner Zuneigung zu  Clara ausgerechnet jene Tongestalt gibt, die sich Schumann von  Beethoven erborgt hat, gibt dem Zitat einen entsagungsvollen Hintersinn,  der der zupackenden  Neugier nur allzuleicht entgeht. Vor allem aber:  Die Weiterführung des Themas, in der die einhaltgebietenden Wendung des  Hauptthemas nun in verständnisinnig-tröstlichem Licht erscheint, läßt  sich zwar bis Beethoven zurückverfolgen, hat aber dort nicht im  entferntesten diese Bedeutungstiefe. Man könnte also auch auf dieses  Zitat anwenden, was Brahms seinem Freunde Otto Dessoff entgegnete, als  der eine ihn an Brahms erinnernde Stelle aus seinem (diesem gewidmeten)  Streichquartett entfernen wollte:
 „Lieber Freund!
 Ich bitte Dich, mache keine Dummheiten. Eines der dümmsten Capitel der  dummen Leute ist das von den Reminiszenzen. Die betreff. kleine Stelle  bei mir ist, so vortrefflich auch alles Übrige sein mag, wirklich ganz  und gar nichts. Bei Dir ist aber gerade die Stelle von einer  allerliebsten, schönen und natürlichen Empfindung. Verdirb nichts, rühr  nicht daran.“
 (Johannes Brahms an Otto Dessoff, Pörtschach, 26. Juni 1878)
 
 In seinem eigenen Werk hat Brahms freilich sehr wohl daran gerührt – er  hat 1889 aus dem Finale nur das Hauptthema übernommen (aber auch diesem  die exaltiert atemlosen Achtelpausen genommen) und den ganzen übrigen  Satz völlig neu komponiert. Daß er damit etwas verdorben hat, wird man  schwerlich behaupten können: die neuen Teile sind von monumentaler  Dichte und Stringenz. Außerdem (und das beweist noch einmal, daß die  Neufassung nichts mit der Zurücknahme „fortschrittlicher“ Positionen zu  tun hat) greift das neue Finale Lösungen auf, die man als konsequente  Weiterentwicklungen der Experimente im ersten und dritten Satz der  Frühfassung begreifen kann – in die unmittelbar an die Exposition  anschließende Reprise ist der „Durchführungsrest“ (der einen Nachhall  der eliminierten Kämpfe bewahrt) als Enklave integriert. Daß aber das  neue Finale, in all seiner meisterlichen Ökonomie und Kraft, die  beglückenden und bestürzenden Verwirrungen des Jugendwerkes nicht  ersetzen kann, hat wohl niemand besser gewußt als der Vater dieses so  ungleichen Geschwisterpaares; und der soll in diesem Bruderzwist auch  das letzte Wort haben  – das hoffentlich niemand so ernst nimmt wie  seine Noten:
 „Wegen des verneuerten Trios muß ich noch ausdrücklich sagen, daß das  alte zwar schlecht ist, ich aber nicht behaupte, das neue sei gut! Was  Sie mit dem alten anfangen, ob Sie es einschmelzen oder auch neu  drucken, ist mir, im Ernst, ganz einerlei.“
 (Johannes Brahms an Fritz Simrock, 13. Dezember 1890)
 
 
 Die Mason-Thomas Soirées of Chamber Music und die Frage der Uraufführung 
 
 Bis in die jüngste Zeit galt die Aufführung durch William Mason,  Theodore Thomas und Carl Bergmann in der New Yorker Dodworth´s Hall am  27. November 1855 als die Uraufführung des Trios. Sie bleibt in jedem  Falle ein verblüffendes Zeugnis für das frühe Interesse, das Brahms in  Amerika gefunden hat – und sie versammelte drei bedeutende Interpreten,  die für die Entwicklung des amerikanischen Musiklebens von größter  Bedeutung sind. Der aus einer weitverzweigten Bostoner Musikerfamilie  stammende Pianist und Komponist William Mason (1829-1908) hatte ab 1849  unter anderem bei Moscheles in Leipzig und bei Liszt in Weimar studiert  (wo er im Juni 1853 auch Brahms kennenlernte), bevor er sich 1855 in New  York niederließ. In diesem Jahr dirigierte Carl Bergmann (1821-1876)  das erste Mal die Philharmonic Society of New York (dem 1842 gegründeten  Vorläufer der New Yorker Philharmoniker), deren wichtigster (und ab  1866 alleiniger) Dirigent er bis zu seinem Tode bleiben sollte. Der  gebürtige Sachse Bergmann war schon 1850 nach Amerika gekommen und hatte  sich als Dirigent und Cellist in den Musikzentren der Ostküste bestens  bewährt. In ihm hatte Mason den richtigen Partner für sein ehrgeiziges  Projekt einer ständigen Kammermusikserie in New York gefunden:
 „I asked Carl Bergmann, who was the most noted orchestral conductor of  those days, and thus well acquainted with musicians, to get together a  good string quartet. This he accomplished in a day or two, and made me  acquainted with Theodore Thomas, first violin; Joseph Mosenthal, second  violin; and George Matzka, viola, Bergmann himself being the  violoncellist. We began rehearsing, and our first concert, or rather  matinée, took place in Dodworth´s Hall, opposite Eleventh Street, and  one door above Grace Church in Broadway.“
 Es ist nicht erstaunlich, daß Bergmann sich für einen Landsmann als  Primgeiger entschied: Der knapp zwanzigjährige Theodor[e] Thomas  (1835-1905), der Sohn eines Stadtpfeifers aus dem ostfriesischen Esens  (wie sich die Bilder gleichen!), war schon 1845 nach Amerika gekommen  und hatte – ganz wie der junge Brahms – erste praktische Erfahrungen als  Musiker in Tanzlokalen und Gaststätten gesammelt, bevor er 1854 in die  Philharmonic Society aufgenommen wurde, deren Chefdirigent er nach  Bergmanns Tod werden sollte. (Auch die beiden an der Uraufführung des  Brahmstrios nicht beteiligten Ensemblemitglieder waren bemerkenswerte  und vielseitige Musiker: Joseph Mosenthal (1834-1896) stammte aus Kassel  und war durchaus nicht nur als Sekundgeiger, sondern ebenso als  Pianist, Organist und Chordirigent erfolgreich tätig; und der Bratschist  George Matzka hatte ebenfalls weiterreichende Ambitionen: 1876 sollte  er die New Yorker Erstaufführung von Tschaikovskijs „Romeo und Julia“  dirigieren.)
 Unter dem Namen „Mason-Thomas Soirées of Chamber Music“, der bald die  ursprüngliche Bezeichnung „Mason & Bergmann´s Classical Matinées“  ersetzte, wurde der mit der amerikanischen Erstaufführung des Opus 8  inaugurierte Konzertzyklus ein wichtiger Bestandteil des New Yorker  Konzertlebens; vierzehn Saisonen hindurch (1855-1869) wurde hier das New  Yorker Publikum mit vielen der wichtigsten kammermusikalischen  Neuerscheinungen aus Europa bekannt gemacht.
 
 So verdienstvoll dieses Unternehmen auch war – das Verdienst der  öffentlichen Uraufführung von Brahms´ Opus 8 gebührt, wie Michael Struck  schon 1991 nachgewiesen hat, einem anderen Ensemble, dessen Mitglieder  allerdings zu keinen lexigraphischen Ehren gelangt sind: die Herren  Haupt, Braun und Klahr, die Ende 1855 im Danziger Gewerbehaus einen  Zyklus von vier Trio-Soiréen veranstalteten, in deren erster das  Brahmssche Opus auf dem Programm stand, sind uns nur aus den Rezensionen  dieser Konzerte bekannt.
© by Claus-Christian Schuster



