Goldmark: Trio d-moll op. 1

Rubin Goldmark

* 15. August 1872
† 6. März 1936

Trio d-moll op. 1

Komponiert:New York, NY, 1892
Uraufführung:New York, National Conservatory, 8. Mai 1893
Rubin Goldmark, Klavier
Michael Banner, Violine
M. Herbert, Violoncello
Erstausgabe:Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1896

„Now there are two Goldmarks!” soll der befriedigte Lehrer Dvoøák am Abend der Uraufführung des Klaviertrios seines Schülers ausgerufen haben; und das in dieser Bemerkung konstatierte Verwobensein in eine Familientradition ist sicher das bestimmendste Merkmal von Rubin Goldmarks kompositorischem Lebensweg. Der Bruder des Brahms-Freundes Carl Goldmark, den Hanslick in seiner Stellungnahme zur Ordensverleihung an Dvoøák als einzigen österreichischen Komponisten von internationalem Ruf neben Brahms und Dvoøák gelten läßt, war aus seiner Universitätslaufbahn ausgebrochen und nach New York emigriert, wo er neben seiner Berufstätigkeit als Anwalt und Kantor bald regen Anteil am Musikleben der Stadt nahm, die sich in einer Periode des rasanten wirtschaftlichen und kulturellen Aufstiegs befand. Leo Goldmark gehörte zu den Gründern der Oratorio Society of New York, an deren Konzerten er auch regelmäßig mitwirkte, und der New York Symphony Society, und sein Haus war einer der beliebtesten Treffpunkte der besten Musiker der Stadt. Die hier erklingende Musik war der erste und stärkste Eindruck im Leben des kleinen Rubin. Die meisten der hier verkehrenden Menschen waren erst vor nicht langer Zeit aus Europa nach New York gekommen, und Deutsch war die bevorzugte Umgangssprache dieses Kreises. Alfred von Livonius wurde der erste Klavierlehrer des Jungen, der dann nach einem einjährigen Intermezzo am College of the City of New York als Siebzehnjähriger zu seinem Onkel nach Wien kam. Obwohl die nicht einmal zwei Jahre dauernde Wienaufenthalt Rubin Goldmarks in der Erinnerungsliteratur des Brahmskreises natürlich keinerlei Spuren hinterlassen hat, darf man wohl annehmen, daß ihn sein Onkel und seine Konservatoriumslehrer – Johann Nepomuk Fuchs, Robert Fuchs und Anton Door – in das Leben dieses Kreises eingeführt haben. Wieder zurück in New York, setzte Rubin Goldmark seine Klavierstudien bei Rafael Joseffy (dem er dann später sein Klavierquartett op. 12 widmen sollte) fort und wurde nach Dvoøáks Ankunft einer von dessen ersten Kompositionsschülern. Mit der Aufführung seines Opus 1 beendete er im Mai 1893 seine Studien und konnte im Schuljahr 1893/94 dann sogar schon selbst an Mrs. Thurbers National Conservatory of Music Klavier und Theoriestunden halten. Sein prekärer Gesundheitszustand zwang ihn aber, noch vor Dvoøáks Abschied von New York die Stadt zu verlassen. Dank der guten Verbindungen seines Vaters schuf man am Colorado College der von den Ärzten als klimatisch ideal eingestuften Stadt Colorado Springs ein Konservatorium, dessen Leitung dem Dreiundzwanzigjährigen anvertraut wurde. Hier entstand das erste Erfolgswerk Rubin Goldmarks, die symphonische Tondichtung Hiawatha (nach Longfellow), deren Uraufführung (Boston, 13.1.1900) der einflußreiche Kritiker James Gibbons Huneker mit folgenden Worten begrüßen sollte: „It was bewilderingly luscious and Goldmarkian – a young Goldmark come to judgment. The family gifts are color and rythm.”
Nach der Wiederherstellung seiner Gesundheit kehrte Rubin Goldmark in seine Vaterstadt zurück, wo er bis zu seiner Berufung an die Juilliard School privat unterrichtete, aber auch – etwa als Gründungsmitglied des Clubs „The Bohemians“ (1907) – die gesellschaftliche Tradition seines Vaterhauses fortsetzte. Für den legendären Mischa Elman schrieb er 1915 das (später orchestrierte) Violinstück Call of the Plains; 1922 entstand das einzige Werk Goldmarks, das noch mit einiger Regelmäßigkeit aufgeführt wird, A Negro Rhapsody, ein überaus effektvolles Orchesterstück über sieben Negro Spirituals, das von der New York Philharmony am 18.1.1923 uraufgeführt wurde. Der Nachruhm des schon von vielen zeitgenössischen Kritikern als „anachronistisch“ eingestuften Komponisten beruht vor allem auf seiner Lehrtätigkeit – George Gershwin, Aaron Copland und Frederick Jacobi sind ihm verpflichtet. Zum zwanzigsten Todestag des menschlich überaus integren Komponisten wurde das neue Musikzentrum des College of the City of New York nach ihm benannt.

© by Claus-Christian Schuster