Robert Schumann
* 08. Juni 1810
† 29. Juli 1856
Phantasiestücke op.88
| Komponiert: | Leipzig, Skizze 6.-12., Ausarbeitung 15.-28. Dezember 1842 | 
| Widmung: | Sophie Petersen, geb. Petit | 
| Erstausgabe: | Kistner, Leipzig, 1850 | 
Schumanns legendäres erstes Kammermusikjahr – zwischen Juni 1842 und  Februar 1843 entstanden die drei Streichquartette, das Klavierquintett,  das Klavierquartett, die Fantasiestücke für Klaviertrio und zuletzt die  Variationen für zwei Klaviere, zwei Celli und Horn – mutet fast wie der  Beginn einer systematischen Erforschung des Reiches der Kammermusik an.  Für einen Teil dieser Entdeckungsreise wählt Schumann den Weg der  schrittweisen Reduktion, auf dem er vom Quintett op.44 (September) über  das Quartett op.47 (Oktober) zu seinem ersten Trioversuch (Dezember)  gelangt. Von der momumentalen Konzeption der beiden vorangegangenen  Werke ist in den Fantasiestücken nichts zu finden: sie folgen einem  Ansatz, den Schumann etwa in den Nachtstücken op.23 und den Vier  Clavierstücken op.32 schon verwirklicht hatte: eine locker gefügte  vierteilige Suite, die den Gedanken an eine großräumige zyklische  Architektur erst gar nicht aufkommen läßt. Hier tragen die Sätze die  Überschriften Romanze, Humoreske, Duett und Finale. Wie die  Streichquartette kreisen auch die Fantasiestücke um Schumanns  Lieblingstonartenpaar a-moll/F-Dur. Der schlichte dramaturgische Ablauf  des Werkes ( – zweimal folgt auf ein liedhaftes Stück im Sechsachteltakt  ein Marschsatz – ) sollte nicht über das Raffinement der Komposition  hinwegtäuschen. Auch das über Jahre hinweg bewahrte Interesse des  Meisters an seinem Werk, das er im April 1849, kurz vor der Uraufführung  des D-moll-Trios, noch einmal überarbeitete, bevor er es 1850 im Druck  erscheinen ließ, beweist, daß Schumanns erster Versuch im Genre des  Klaviertrios keineswegs ein Gelegenheitswerk ist. Der lyrische Geist,  der in dem ganzen Werk deutlich vorherrscht, läßt uns mehr als einmal an  Eichendorff denken; und wenn Schumann uns in der A-Dur-Coda des letzten  Stückes in eine zauberhaft beleuchtete Claude-Lorrain-Landschaft  entführt, glauben wir uns vollends in diese poetische Traumwelt  versetzt: 
 
 „…die Sonne ging eben unter und bedeckte das ganze Land mit Glanz und  Schimmer, die Donau schlängelte sich prächtig wie von lauter Gold und  Feuer in die weite Ferne, von allen Bergen bis tief ins Land hinein  sangen und jauchzten die Winzer…” 
 
 (Joseph von Eichendorff, Aus dem Leben eines Taugenichts)
© by Claus-Christian Schuster